Behandlung der CLL
Wahl der Behandlung
Welche Behandlung der chronischen lymphatischen Leukämie (CLL) für Sie die richtige ist und wann diese notwendig wird, hängt von verschiedenen Faktoren ab. So spielen unter anderem das Krankheitsstadium, der Allgemeinzustand, Begleiterkrankungen oder auch die Ergebnisse von genetischen Untersuchungen eine Rolle.
Befindet sich die chronische lymphatische Leukämie (CLL) in einem frühen Stadium und haben Sie keine Symptome, ist eine Behandlung meist noch nicht notwendig. Im Rahmen der „Watch and Wait“-Strategie, übersetzt „Beobachten und Abwarten“, überwacht Ihr behandelnder Hämatologe die Erkrankung mithilfe regelmäßiger Kontrolluntersuchungen. Mit einer entsprechenden Therapie beginnt er in der Regel erst im fortgeschrittenen Krankheitsstadium bzw. wenn bedeutsame Symptome auftreten. Die Behandlung wird stets individuell ausgewählt und auf Ihre persönlichen Bedürfnisse abgestimmt. Es stehen unterschiedliche Behandlungsformen, die einzeln oder in Kombination angewendet werden, zur Verfügung.
Therapiemöglichkeiten bei CLL
- Orale zielgerichtete Therapie
(allein oder in Kombination mit monoklonalen Antikörpern) - Chemo-Immuntherapie
(Kombination aus monoklonalen Antikörpern und Chemotherapie)
Seltener angewendet werden:
- Chemotherapie
- Stammzelltransplantation
Gemeinsam das individuelle Therapieziel bestimmen
Die Entscheidung, welche Therapieform für Sie geeignet ist, treffen Sie in enger Abstimmung mit Ihrem behandelnden Hämatologen. Jede Therapie kann unerwünschte Ereignisse mit sich bringen. Gemeinsam mit Ihrem Hämatologen können Sie diese gegen den zu erwartenden Nutzen der Behandlung abwägen. Das geschieht unter Berücksichtigung Ihrer Erwartungen an die Behandlung, Ihres Allgemeinzustands, möglicher Begleiterkrankungen sowie genetischer Risikofaktoren. So können Sie zusammen festlegen, welche Therapieform mit welchem Behandlungsziel eingesetzt wird. Bei der Behandlung der chronischen lymphatischen Leukämie (CLL) ist es ein wichtiges Ziel, die Zeiträume, in denen es Ihnen gut geht und keine Behandlungsbedürftigkeit vorliegt, auszudehnen und Ihre Lebensqualität so zu erhöhen.
Was kann eine erfolgreiche CLL-Therapie bewirken?
- Zur langfristigen Kontrolle der CLL-Beschwerden beitragen
- Eine fortgeschrittene CLL zurückdrängen und ihr Fortschreiten verzögern
- Im Idealfall komplette Remission: eine Normalisierung der Blutwerte sowie der Lymphknoten- und Milzgröße. Auch die daraus resultierenden Symptome können sich bessern.
Watch and Wait
Wenn sich die chronische lymphatische Leukämie (CLL) bei Ihnen im frühen Stadium befindet, in dem sich keine Symptome zeigen, geht von der Erkrankung oftmals keine akute Bedrohung aus. CLL schreitet meist sehr langsam voran. Bisher liegen keine ausreichenden, gesicherten Studiendaten vor, die zeigen, dass eine Therapie in diesem frühen Stadium den weiteren Krankheitsverlauf positiv beeinflussen kann. Daher wird Ihr behandelnder Arzt in dieser Phase vermutlich von einer Behandlung mit Medikamenten absehen. Stattdessen wird er die Erkrankung mit regelmäßigen Untersuchungen überwachen. Diese Strategie wird „Watch and Wait“ genannt, übersetzt „Beobachten und Abwarten“.
Was können Sie in diesem Krankheitsstadium selbst beitragen?
Für einige Menschen ist diese Phase des Abwartens eine emotionale Herausforderung. Das Warten auf den nächsten Arztbesuch und den aktuellen Befund kann Unsicherheit erzeugen. Vielleicht haben Sie das Bedürfnis, selbst aktiv zu werden. Nutzen Sie die Zeit daher, um sich etwas Gutes zu tun. Regelmäßige Bewegung und eine ausgewogene Ernährung können zum Beispiel viel zu Ihrem körperlichen Wohlbefinden beitragen. Der Austausch mit anderen Betroffenen, etwa in einer Selbsthilfegruppe, kann Ihnen dabei helfen, besser mit der chronischen lymphatischen Leukämie (CLL) zurechtzukommen. Hier können Sie sich auch über Ihre Erkrankung informieren.
Je besser Sie darüber Bescheid wissen, umso eher können Sie eine spätere Entscheidung für eine Therapie mittragen und daran mitwirken. Auch ein vertrauensvolles Verhältnis zu Ihrem behandelnden Hämatologen kann Ihnen dabei helfen, besser mit der Situation umzugehen. Sprechen Sie mit Ihrem Arzt über Ihre Bedenken und fragen Sie nach, wenn Sie etwas nicht verstehen.
Behandlung im fortgeschrittenen Krankheitsstadium bzw. bei Symptomen
Wann der richtige Zeitpunkt gekommen ist, um mit der Behandlung zu beginnen, und welche Therapie für Sie die passende ist, entscheidet Ihr behandelnder Hämatologe gemeinsam mit Ihnen.
Aspekte, die für eine CLL-Behandlung sprechen können:
- Vergrößerte Lymphknoten oder eine deutlich vergrößerte Milz
- Eine Verdopplung der weißen Blutzellen (Leukozyten) innerhalb von sechs Monaten
- Ein Mangel an gesunden weißen Blutzellen, roten Blutkörperchen oder Blutplättchen
- Allgemeinsymptome, wie ein deutlicher ungewollter Gewichtsverlust (> 10 % in 6 Monaten), Fieber unklarer Ursache für mehr als 2 Wochen, Nachtschweiß (> 1 Monat), schwerwiegende Fatigue, Müdigkeit oder ein spürbares Nachlassen der Leistungsfähigkeit
Orale zielgerichtete Therapie
Die Behandlungsmöglichkeiten für die chronische lymphatische Leukämie (CLL) haben sich in den vergangenen Jahren erheblich verbessert. Neben den bisherigen Chemo- und Antikörpertherapien, die meist intravenös in die Blutbahn verabreicht werden, stehen heute weitere Medikamente zur Verfügung, die als Tablette oder Kapsel eingenommen werden. Diese neuartige orale zielgerichtete Therapie blockiert bestimmte Proteine, die für das Wachstum und Überleben der Krebszellen zuständig sind. Es stehen sechs Wirkstoffe zur Verfügung: Venetoclax, Ibrutinib, Acalabrutinib, Idelalisib, Duvelisib und Zanubrutinib.
Wachstum unterdrücken, Krebszellen zerstören
Die sogenannten Kinasehemmer Ibrutinib, Acalabrutinib, Idelalisib, Duvelisib und Zanubrutinib unterdrücken das Signal zum Wachstum und zur Vermehrung der entarteten B-Lymphozyten. Sie verhindern so, dass die kranken B-Zellen wachsen und überleben können. Venetoclax hemmt ein Protein, welches den Selbstzerstörungsmechanismus geschädigter Zellen außer Kraft setzt. Der programmierte Zelltod (Apoptose) wird wieder in Gang gesetzt und die kranken B-Lymphozyten sterben ab. Die Wirkstoffe Ibrutinib, Acalabrutinib, Venetoclax und Zanubrutinib werden unter bestimmten Umständen allein (Monotherapie) oder in Kombination mit monoklonalen Antikörpern eingesetzt. Duvelisib wird als Monotherapie genommen. Idelalisib wird als Kombinationstherapie mit monoklonalen Antikörpern verwendet.
Therapiedauer der oralen zielgerichteten Therapie
Wie lange eine orale zielgerichtete Therapie angewendet wird, variiert. Grundsätzlich wird zwischen einer sogenannten Dauertherapie und einer zeitlich limitierten Therapie unterschieden. Die Therapiedauer ist vor allem abhängig vom Medikament. Die Wirkstoffe Acalabrutinib, Duvelisib und Idelalisib werden als Dauertherapie eingesetzt. Venetoclax und Ibrutinib werden in der Monotherapie als kontinuierliche Behandlung angewendet, in Kombination mit weiteren Medikamenten als zeitlich begrenzte Therapie. Wenn die Wahl der Behandlung Ihrer CLL auf eine orale zielgerichtete Therapie fällt, weiß Ihr Arzt, ob für Sie eine dauerhafte oder zeitlich begrenzte Behandlung geeignet ist.
Einnahme von CLL-Medikamenten in enger Absprache mit dem Arzt
Auch bei der Einnahme von oralen zielgerichteten Therapien kann es zu Nebenwirkungen kommen. Umfassende Informationen zu Nebenwirkungen der einzelnen Medikamente erhalten Sie von Ihrem behandelnden Arzt und in der jeweiligen Packungsbeilage.
Eine orale zielgerichtete Therapie können Sie in Form von Tabletten oder Kapseln einnehmen. Dabei ist es besonders wichtig, dass Sie sich bezüglich der Dosierung und Einnahme an die Hinweise Ihres behandelnden Hämatologen halten. Er kann Ihre Fragen zur oralen zielgerichteten Therapie der chronischen lymphatischen Leukämie (CLL) beantworten und Sie umfassend über alle Aspekte der Behandlung informieren.
Chemo-Immuntherapie
Zu den Behandlungsmöglichkeiten, die bei chronischer lymphatischer Leukämie (CLL) eingesetzt werden, zählen u. a. monoklonale Antikörper wie auch Chemotherapie. Eine Kombination der beiden Behandlungsformen wird als Chemo-Immuntherapie bezeichnet.
Antikörper sind Proteine, die eine wichtige Bedeutung für die körpereigene Abwehr haben. Sie heften sich an Eindringlinge wie Viren und Bakterien oder körpereigene geschädigte Strukturen und kennzeichnen sie. Dadurch können diese vom Immunsystem erkannt und abgebaut werden. Diesem Prinzip folgen auch monoklonale Antikörper. Dabei handelt es sich um zielgerichtete Antikörper, die mithilfe biotechnologischer Verfahren hergestellt werden. Sie sind in der Lage, natürliche Abwehrprozesse des Körpers gezielt gegen bestimmte Erkrankungen in Gang zu setzen.
Als Chemotherapie wird die Behandlung mit sogenannten Zytostatika bezeichnet. Diese Medikamente hemmen besonders Zellen, die sich schnell und unkontrolliert teilen, wie beispielsweise Krebszellen. In der Folge sinkt die Anzahl der Krebszellen und es kann wieder eine Blutbildung stattfinden. Ziel der Chemotherapie ist eine möglichst gute Remission und damit ein Nachlassen der krankheitsbedingten Beschwerden. Nach einer erfolgreichen Behandlung kann es zu einer Ruhephase der Erkrankung kommen. Während dieser Zeit ist vorerst keine Therapie nötig.
Zur Behandlung der chronischen lymphatischen Leukämie können die sogenannten Anti-CD20-Antikörper Rituximab und Obinutuzumab eingesetzt werden. Je nach Wirkstoff können sie als Chemo-Immuntherapie oder in Kombination mit einer oralen zielgerichteten Therapie angewendet werden. Anti-CD20-Antikörper erkennen das sogenannte CD20-Antigen. Dieses Molekül befindet sich auf der Oberfläche der B-Lymphozyten und ist am Zellwachstum beteiligt. Der Antikörper dockt insbesondere an der Krebszelle an, löst eine Reaktion des Immunsystems gegen diese Zelle und damit den Zelltod aus. Umfassende Informationen zu Nebenwirkungen der einzelnen Medikamente erhalten Sie von Ihrem behandelnden Arzt und in der jeweiligen Packungsbeilage. Ihr behandelnder Arzt wird Nutzen und Risiken einer Behandlung stets gut abwägen.
Eine Chemotherapie bei chronischer lymphatischer Leukämie (CLL) kann in Form von Tabletten eingenommen oder als Infusion verabreicht werden. In beiden Fällen ist eine ambulante Therapie möglich. Das bedeutet, dass für die Dauer der Behandlung kein langer Krankenhausaufenthalt erforderlich ist, sondern ggf. nur für die kurze Zeit der einzelnen Infusionen. Eine Chemotherapie bei CLL dauert für gewöhnlich sechs Monate. In dieser Zeit werden mehrere Behandlungszyklen durchgeführt. Je nach Therapie können dabei unter Umständen auch immer wieder einige Tage oder Wochen Behandlungspause eingeplant werden. Während dieser Zeit haben die gesunden Blutzellen, die durch die Chemotherapie ebenfalls geschädigt werden können, Gelegenheit, sich zu erholen. Ihr Arzt überwacht während der Behandlungspause Ihr Blutbild.
Zur Behandlung von CLL haben sich Chlorambucil, Fludarabin, Cyclophosphamid und Bendamustin etabliert. Welche Substanzen zum Einsatz kommen, hängt unter anderem vom Allgemeinzustand, den individuellen Erwartungen an die Therapie oder möglichen Begleiterkrankungen ab. Umfassende Informationen zu Nebenwirkungen der einzelnen Medikamente erhalten Sie von Ihrem behandelnden Arzt und in der jeweiligen Packungsbeilage.
Wirkweise: Zielgerichtete Therapie und Chemotherapie
Die Chemotherapie und zielgerichtete Therapien wie Antikörper oder orale zielgerichtete Therapien unterscheiden sich vorrangig durch die Art, wie sie auf die Krebszellen einwirken. Die Chemotherapie greift in den Teilungszyklus von Krebszellen ein. Auch gesunde, sich schnell erneuernde Zellen können daher von der Chemotherapie angegriffen werden. Zielgerichtete Medikamente greifen an speziellen zellulären Signalwegen der Tumorzellen und damit in den Krankheitsprozess ein.
Verschiedene Kombinationsmöglichkeiten
Ob und, wenn ja, welche Chemo-Immuntherapie für Sie die richtige ist, entscheidet Ihr behandelnder Hämatologe in enger Abstimmung mit Ihnen. Verschiedene Faktoren können darauf Einfluss haben, welche Wirkstoffe in welcher Kombination eingesetzt werden. Dabei spielen unter anderem Ihr Allgemeinzustand, Ihre eigenen Erwartungen an die Therapie, mögliche Begleiterkrankungen sowie genetische Risikofaktoren eine Rolle. Ihr Arzt kann Sie dazu umfassend beraten und Ihnen Fragen zu möglichen Nebenwirkungen beantworten. Monoklonale Antikörper und bestimmte Chemotherapien werden als Infusion verabreicht. Diese kann Ihr behandelnder Hämatologe in seiner Praxis oder der Tagesklinik eines Krankenhauses verabreichen. Wenn keine unerwünschten Ereignisse auftreten, können Sie nach Verabreichung der Infusion wieder nach Hause gehen.