Wenn Tabea Mirbach an einer senkrechten Wand hängt und nicht weiterweiß, fühlt sie sich wohl. Dann presst sie sich an den kalten Beton, balanciert den muskulösen Körper zwischen Fingern und Zehen aus, ruft sich innerlich Mut zu und wählt den nächsten Zug. Passen Griffe und Tritte, geht die Route weiter. Sonst steht der Flug auf die sichere Matte an!
Grenzen testen
Fast jede Woche klettert die 27-Jährige ohne Gurt und Seil an Indoor-Felsen. Bouldern heißt die Leidenschaft, die mit einer Landung in weiche Schaumstoffmatten endet. „Zig Mal scheiterst du an einer Stelle, du hast Angst zu versagen und willst es dennoch schaffen. Weil du körperliche und mentale Grenzen testest, fließt richtig Adrenalin. Das macht süchtig“, sagt die TV-Redakteurin und streicht die blonde Mähne zur Seite.
Am Haaransatz ist sie zu sehen, die Schuppenflechte, die seit der Pubertät einfach immer da ist. „Bin ich stark im Stress oder emotional angespannt, juckt und schmerzt es allerdings besonders heftig“, sagt Tabea und berichtet von einer Dokumentation über Kindesmissbrauch, die ihr sehr nahe ging.
Stress ausgleichen
„Ich bin der 100-Prozent-Typ, will einfach alles perfekt machen. Bei mir kommt der Druck nicht von außen, den mache ich mir selbst“, sagt die Frau, die in Köln in einer 3er-WG lebt und genau weiß, wie sie die Schuppenflechte in Schach hält. Medikamente zum richtigen Zeitpunkt seien wichtig: „Meine Mutter hat schwere Schuppenflechte. Ich hoffe, dass es bei mir niemals so schlimm wird.“ Und es sei wichtig, Stress auszugleichen, ergänzt sie: „Wenn ich klettere, denke ich an nichts anderes mehr. Ich konzentriere mich auf die Wand, probiere Lösungen, spüre meine Kraft.“
Der Kitzel zwischen Himmel und Erde ist für Tabea, die in einem Dorf am Niederrhein aufwuchs, aber nicht der einzige Kniff gegen Druck und die Pso-Reaktion. Gemütlich kochen, möglichst scharf – mit viel Chili – und gemeinsam mit Freunden, sei auch extrem entspannend.
Mit einem Buchclub hat sich Tabea zudem einen „Safe Space“ geschaffen, in dem sie mit Freundinnen diskutiert. „Wir lesen 30, 40 Seiten in einem Fachbuch, notieren Fragen und Ideen und treffen uns dann per Skype, um darüber zu quatschen“, berichtet sie.
Gegenseitig motivieren
Alleine würde sie das nicht schaffen. „Aber gemeinsam motivieren wir uns zu lernen und auch das eigene Verhalten zu überprüfen“, sagt Tabea. Anfeuern, das ist auch ganz typisch beim Bouldern.
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