Auf Augenhöhe. Am Anfang ist es wie Rätselraten. Klar: Relativ schnell steht fest, dass es um Schuppenflechte geht. Der Patient zeigt beim ersten Praxisbesuch auf Ellenbogen, Hände oder Nägel. Berichtet von trockener, empfindlicher Haut, vielleicht auch leichten Blutungen oder Schmerzen. Doch dann stockt das Gespräch. Mehr Infos kommen oft nicht. Das ist die eine Perspektive. Die Sicht des Arztes, der nun nach ein paar Minuten die perfekte Behandlung für eine komplizierte Krankheit aus dem Hut zaubern soll. Eine Behandlung, die möglichst sofort anschlägt, idealerweise Symptome und Begleiterscheinungen verschwinden lässt.
Die andere Sicht ist die des Patienten, der sich vor einem viel beschäftigten Menschen sitzen sieht. Das Wartezimmer ist voll. Jetzt muss der Stau abgearbeitet werden. Wie viel Zeit wohl für mich übrig bleibt? Als asymmetrisch beschreiben Experten das Verhältnis von Arzt und Patient. Der eine ist krank, der andere ein ausgebildeter Mediziner. Der eine gibt die Behandlung vor, der andere nimmt hin.
Doch das Modell ist von gestern – es hat ausgedient, weil es die Möglichkeiten moderner Medizin nicht ausschöpft. „Es ist wichtig, eine gute Arzt-Patienten-Bindung aufzubauen. Dann kann man auch intimere Fragen stellen“, bestätigt der Wuppertaler Dermatologe Prof. Dr. Thomas Dirschka. Heißt: Im Team lässt sich die passende Behandlung am besten finden. Denn der Patient kennt seine Form der Schuppenflechte in- und auswendig. Wo sie schmerzt, verstört, behindert. Und der Arzt liefert die idealen Behandlungsoptionen.
Chemie abklopfen
Aber wie soll sich ein Psoriasis-Patient verhalten? Zuerst einmal genau abwägen, welcher Behandler der richtige ist. Natürlich kommt es darauf an, den besten Spezialisten zu finden. Allerdings muss auch die Chemie stimmen. Fühle ich mich ernst genommen? Kann ich frei alle Probleme ansprechen? Werde ich geduldig befragt und ermutigt, selber nachzuhaken? Und wird mir die Therapie gut erklärt? Kommt ein Haken an diese Fragen, passt es meist auch menschlich. Immerhin arbeiten Patient und Arzt ja oft jahrelang zusammen.
Gut vorbereiten
Der Arzt ist gefunden, ein Termin vereinbart – der erste Schritt getan. Nun gilt es, sich mit dem Arztbesuch zu beschäftigen. Okay, lässt sich natürlich auch unvorbereitet abwickeln. Doch jeder Praxisbesuch bedeutet Stress und Nervosität. Da rutscht schon mal ein Gedanke, eine Idee durch. Aufschreiben, was man besprechen will, was einem besonders wichtig ist, welche Beschwerden extrem nerven und was Linderung bringt. Das hilft extrem.
Ein cleverer Patient ist also informiert, gut organisiert und hartnäckig. „Patienten konfrontieren Ärzte zunehmend mit Informationen aus dem Internet. Das ist positiv zu sehen, weil es die Kommunikation stärkt. Patienten lassen sich nicht mehr so leicht mit einfachen Lösungen abspeisen“, sagt Dermatologe Prof. Dr. Thomas Dirschka.
Miteinander statt nebeneinander
Wie wichtig eine klare Vorstellung davon ist, was Patienten wirklich wollen, zeigt eine Studie von Peter van de Kerkhof. Der niederländische Dermatologe befragte im Jahr 2015 Ärzte und Schuppenflechte-Patienten, welche Symptome Betroffenen am meisten zu schaffen machen. Und folglich bei der Behandlung im Vordergrund stehen sollten. Während die Mediziner überzeugt waren, dass Größe und Ort der schuppenden Hautbereiche für Patienten am wichtigsten seien, sahen die Patienten das anders: Für sie war der permanente Juckreiz besonders unangenehm.
Am Bedarf und den Wünschen vorbei behandeln kann also ein Problem sein. Andererseits legt das Studienergebnis nahe, dass beide Seiten auch nicht ausreichend miteinander reden. Wer aber muss jetzt für mehr Verständnis sorgen: der Arzt oder der Patient? Ganz einfach: beide. Ärzte sollten Patienten im Gespräch in alle wichtigen Aspekte mit einbeziehen und Diagnosen sowie Therapiewege verständlich erklären. Das sollte bei Betroffenen den Turbo zünden. Sie müssen lernen, anspruchsvoller zu sein. Denn Fakt ist: Menschen mit Psoriasis können heute zu Recht hohe Anforderungen an ihre Therapien stellen: Entzündete Stellen können schnell abheilen, das ständige Jucken lässt sich wirksam lindern, neue Schübe lassen sich effektiv unterbinden.
Erscheinungsfreie Haut, das ist also kein Wunschdenken mehr – doch einfach angeflogen kommen Erfolge nicht. Wenn Betroffene das akzeptieren, dann müssen sie auch liefern – also ehrlich zu sich selbst und ihrem Arzt sein. Wer angeglotzt wird und das nicht mehr aushalten will, muss das jetzt sagen. Wer beim Sex Probleme mit der Schuppenflechte an Intimstellen hat, muss das zugeben. Wer es im Job wegen der Krankheit nicht mehr aushält, muss das erzählen. Wer sich selbst nicht leiden kann, muss das im Gespräch mit dem Spezialisten hinterfragen. Rauchen, Stress, Alkohol: jetzt nicht schwindeln, das führt in die Sackgasse!
Nach vorne schauen
Psoriasis ist ein fieser Verwandlungskünstler – die Krankheit zeigt sich bei jedem anders. Für den Behandler ist daher jedes Info-Fitzelchen so wichtig wie der letzte Puzzlestein. Erst wenn der Arzt so viel weiß wie der Patient, kann auf ein konkretes Ziel hingearbeitet werden. Auch dafür braucht der Arzt klares Feedback zum Behandlungsziel: Sollen neue Schübe verhindert werden, die Plaques völlig abheilen, keine Hautprobleme im Beruf ärgern? Oder weniger Arzt- oder Klinikbesuche das Leben erleichtern? Nur wenn Patienten ihrem Arzt punktgenau erklären, was sie von der Behandlung erwarten und welche Erfahrungen mit anderen Therapien gemacht wurden, kann die wirklich passende Behandlung ins Auge gefasst werden.
Ohne Ziele geht tatsächlich nichts: Denn sie formen Vorstellungen – so will ich sein! Das motiviert. Ziele braucht es zudem, um den Verlauf, um Erfolge prüfen zu können: In diesem Fall die Frage: Wirkt die Therapie, muss sie angepasst oder komplett gewechselt werden? Wo man hinwill und bis wann das erreicht werden soll: Je klarer Ziele festgezurrt werden, desto schneller wird für Arzt und Patient deutlich, wenn es gut, mittel, mies läuft.
Den Erfolg fangen
Wer im Übrigen unglücklich mit der aktuellen Therapie ist, sollte das ohne Wenn und Aber beim Arzt aufs Tablett heben. Wenn Nebenwirkungen plagen, Beschwerden nicht abklingen oder die Erkrankung zurückkommt, ist der Frust groß. Und das ist Grund genug, die Initiative zu ergreifen. Die neue Therapie schlägt an? Fantastisch. Teamwork, das löst Probleme.
Noch auf der Suche nach dem richtigen Teampartner? Hier gibt‘s alles, was man über die Spezialistensuche wissen muss:
Prof. Dr. Thomas Dirschka: „Jeder Patient sollte die Langzeitkontrolle der Psoriasis ansprechen – also fragen, wie gut eine Therapie wirkt und wie lange sie eingesetzt werden kann.“
Prof. Dr. Thomas Dirschka: „Therapieziele sind entscheidend. Was wollen wir bis wann erreichen? Das sind klare Kriterien, die eine Bewertung der Therapie ermöglichen.“