„Der nächste bitte“ Sprechstunde bei Dr. med. Online
Beim Frühstück die neuesten Insta-Posts der Freunde checken, zwischendurch Online-Banking erledigen und abends gibt’s per Stream einen Film mit Freunden. Warum eigentlich nicht auch in Sachen Hautärzt*innen vermehrt auf Online-Tools setzen?
Telemedizin – schon mal gehört? Ob von zu Hause oder unterwegs: Dank Telemedizin können Patient*innen (oft ohne lange Wartezeit) fachärztlichen Rat einholen. Dabei helfen Kontaktformulare, Fotodatenbanken zum Bildabgleich oder Videosprechstunden für den direkten Draht zur Ärztin bzw. zum Arzt. Alles, was man dazu braucht, ist ein Handy, Laptop oder Tablet. Aber von wem und wie häufig wird das Angebot überhaupt genutzt? Und vor allem: Was können die Angebote auch für Menschen mit Pso leisten?
Psoul hat einige der wichtigsten Angebote gecheckt und zeigt ihre Stärken und Schwächen.
Die deutschen Skeptiker*innen
Schaut man auf Deutschland, so ist noch Luft nach oben. Die Mehrheit der Deutschen hat noch nie eine telemedizinische Leistung in Anspruch genommen. Zum Vergleich: In Großbritannien nutzt bereits jede*r zweite Telemedizin, in den Niederlanden jede*r dritte. Die Gründe für die Skepsis sind vielfältig: Einige Patient*innen wollen lieber persönlich mit der Ärztin oder dem Arzt sprechen, andere zweifeln, ob eine korrekte Diagnose aus der Ferne überhaupt möglich ist. Trotzdem gibt es auch hierzulande Hoffnung für die Telemedizin: 65 Prozent der Deutschen sagen, sie sind in Zukunft offen dafür.
„Künstliche Intelligenz“-Lösungen
sind in Sachen Telemedizin absolut im Kommen. Ähnlich den bestehenden Angeboten aus anderen Bereichen – beispielsweise zur Bestimmung von Pflanzen – gibt es die Möglichkeit des Foto-Uploads von einer auffälligen Hautstelle, um dieses mit einer Bild- und Falldatenbank abgleichen zu lassen. So kann zumindest eine erste Einschätzung, um was für eine Hauterkrankung es sich handeln könnte, gegeben werden. Mehr auch nicht. Die endgültige Diagnose sollte dann im Anschluss durch eine Ärztin bzw. einen Arzt gestellt
werden.
Gesamturteil:
Praktisches ergänzendes Angebot für eine erste Einschätzung vor dem persönlichen Kontakt in der Arztpraxis.
Google hat hier mit seiner Gesundheits-App „Derm Assist“ die Nase ganz weit vorn. Alles, was in Zukunft gebraucht wird, sind drei Fotos mit dem Smartphone der betroffenen Hautstelle aus drei verschiedenen Blickwinkeln. Der*die Anwender*in muss dann noch einige Fragen, zum Beispiel zum Hauttyp oder den Beschwerden, beantworten, die bei der Eingrenzung der Diagnose helfen sollen. Nach der Analyse spuckt das System eine Einschätzung zu möglichen Erkrankungen aus – basierend auf den Infos von über 65.000 Bildern und Falldaten von 288 diagnostizierten Hauterkrankungen. Auch dieses Tool soll zukünftig zuverlässige, also von dem*der Dermatolog*in geprüfte, Informationen bieten, aber nicht etwa die Diagnose ersetzen. Erwartet wird dies frühestens Ende 2021. Wir sind gespannt.
Anbieter unter der Lupe
Grundsätzlich gibt es zwei Arten telemedizinischer Services: solche, an die man alle medizinischen Fragen stellen kann, und solche, die Fragen zu spezifischen Themen wie zum Beispiel Hauterkrankungen beantworten. Wir haben uns ausgewählte Anbieter genauer angeschaut:
Dermatologie goes digital – wem nutzt das was?
Fazit: Für eine schnelle erste Einschätzung von Beschwerden ist die Telemedizin super geeignet. Wer eine zweite Expertenmeinung ohne lange Fahrtwege oder langwierige Wartezeiten wünscht, ist hier gut bedient. Eine Einschränkung gibt es jedoch: Laut Expertenempfehlung sollte die Erstdiagnose bei Schuppenflechte nicht telemedizinisch gestellt werden. Dafür hat eine chronisch entzündliche Hauterkrankung zu viele verschiedene Facetten. Bei den regelmäßigen Kontrolluntersuchungen – so die neu erstellten Leitlinien für die Dermatologie – kann die Telemedizin aber zur Anwendung kommen.
Die Kosten für Online-Videosprechstunden werden dabei sogar von einigen gesetzlichen Krankenkassen übernommen. Auch hier lohnt es sich, mal nachzufragen.
Good News: Mehr Hautärzt*innen mit Online-Angeboten
Ob Homeoffice, kontaktloses Bezahlen, Videotelefonie oder Onlinehandel – in vielen Bereichen wirkt die Corona-Pandemie wie ein Digitalisierungs-Booster. So auch in der Telemedizin. Für Psoriasis-Patient*innen heißt das: Nicht nur die teledermatologischen Angebote selbst wurden deutlich ausgeweitet. Auch Ärztinnen und Ärzte dürfen jetzt mehr als die vormals nur 20 Prozent der Patient*innen rein per Telemedizin behandeln. Herausforderung ist und bleibt die Abrechnung mit den Krankenkassen. Noch machen nicht alle mit.
Redet darüber!
Viele verstecken Haut, Schmerzen und ihre Gefühle. Auch, wenn ärztliche Hilfe dringend nötig ist! All das könne eine erfolgreiche Psoriasis-Therapie verzögern, warnt Dr. Reena Shah.
Auf der Webseite www.haut-zeigen.de fordert die klinische Psychologin: „Sprecht über Komplexe, Depressionen, Ängste. Seid offen und ehrlich beim Arzt.“ Fakt ist: Nur gemeinsam lässt sich die optimale Behandlung finden, manchmal ist die psychische Belastung oder die Belastung am Arbeitsplatz größer als die Erkrankung auf der Haut. Im Video berichtet die Psychologin aus London, die auf Dermatologie spezialisiert ist, von ihrer Arbeit mit Betroffenen. Und was sie rät, damit das Therapieziel erreicht werden kann: sich in seiner Haut wohlzufühlen.
DE-RISN-210586