Ich will eine Zukunft haben
Zehn Jahre lebt Michael eher gelassen mit Psoriasis. Erst sein Dermatologe Dr. Florian Schenck macht ihm klar: Wir müssen handeln. Damit die Schmerzen verschwinden und keine schweren Folgekrankheiten entstehen können. Über zwei Menschen, die an die Zukunft denken.
Die Fotos von früher überraschen Michael. Tellergroß liegt die Schuppenflechte quer über dem Bauchnabel. Dick verschorfte Herde ziehen sich über die Arme. Am Kopf kleben Plaques und an den Fingerkuppen sind offene Stellen zu sehen. Das war 2009, als er nach einem bitteren Erlebnis im Job an Psoriasis erkrankt und im Hautärzte-Zentrum in Hannover untersucht sowie fotografiert wird. Der schlanke, große Mann ist Anfang 40 und weiß im Grunde schon, was er hat. Die Haut seiner Mutter sah genauso aus.
Ausblenden und Weiterleben
Doch die Erinnerungen an damals und den ersten eigenen Ausbruch sind verblasst wie alte Fotos. Zu Hause wurde wenig darüber geredet, die Psoriasis gehörte zur Familie mit den sieben Kindern wie Schulbrote und Hausaufgaben. Als sich die Schuppenflechte bei ihm zum ersten Mal so richtig zeigt, macht Michael es wie seine Eltern. Er blendet aus und lebt einfach weiter. Bis sein Hausarzt nach einem weiteren schweren Schub rät, zu einem Spezialisten zu gehen. Michael geht ins Hautärzte-Zentrum und begegnet dort Dr. Florian Schenck, der sich besonders mit entzündlichen Hautkrankheiten beschäftigt. Es ist März 2020 und die Covid-Pandemie breitet sich gerade aus. Der Dermatologe nimmt sich Zeit. Das macht er bei Erstgesprächen immer. Dr. Schenck will wissen, wie schwer die Psoriasis ist und welchen Einfluss sie auf den Alltag hat. Er will erfahren, welche Ursachen wahrscheinlich sind, wie stark sein Patient leidet, wann und wie häufig Schübe kommen. „Ich muss den Schweregrad der Erkrankung und den Menschen genau kennen. Das ist für die gemeinsame Wahl einer maßgeschneiderten Psoriasistherapie entscheidend“, sagt der Hautarzt, der den Beamten als positiv, aber auch vorsichtig und duldsam kennenlernt. „Er hat die Psoriasis, obwohl sie auf der Haut deutlich ausgeprägt war und schon die Gelenke befallen hatte, nicht als so schlimm wahrgenommen und wollte erst keine Therapie“, erinnert sich Dr. Florian Schenck. Doch er habe Michael klargemacht, dass die Lebensqualität deutlich verbessert werden könne und er sich vor möglicherweise entstehenden Begleiterkrankungen schützen sollte.
Überlegen und Abwägen
Tatsächlich wird in der Fachwelt schon länger diskutiert: Wenn Psoriasis nicht so früh wie möglich angepackt wird, können sich bei manchen Patienten über die Jahre größere gesundheitliche Probleme aufbauen und zu irreversiblen Schäden führen. „Mögliche Folgen von Psoriasis können Herzinfarkt, Schlaganfall, Diabetes und Übergewicht, aber auch Depressionen, Minderwertigkeitsgefühle und Vereinsamung sein“, weiß Spezialist Schenck und sagt: „Wird bei mittelschweren bis schweren Formen nicht schnell gehandelt, können bei langer Verzögerung der Behandlung durchaus fünf bis zehn Jahre Lebenszeit verloren gehen.“
Diese Aussage stimmte Michael, der seine Krankheitsgeschichte wie den Schriftverkehr eines Versicherungsfalls in eine rote Kladde gesteckt hat, nachdenklich. „Ich habe die Krankheit als Teil von mir gesehen und andere Überlegungen nie wirklich an mich herangelassen. Etwas zu ändern, war für mich nicht logisch, denn ich konnte die Vorteile nicht so richtig einschätzen“, sagt der Mann und schiebt seine schmale Stahlbrille gerade. Über Langzeitfolgen hatte er sich allerdings vorher nie Gedanken gemacht. Schenck klärt ihn auf, lässt Zeit zum Nachdenken und lädt zu einer Info-Veranstaltung ein, auf der Expert*innen auch über die sogenannte „kumulierte lebenslange Belastung“ berichteten. Damit ist gemeint, dass die Schuppenflechte Betroffene durch das Zusammenwirken körperlicher, seelischer und sozialer Probleme schrittweise an eine Belastungsgrenze bringen und sich so negativ auf den Lebensverlauf auswirken kann.
Handeln und Genießen
Das überzeugte Michael noch mehr und er beginnt eine moderne Biologika-Therapie. Die Medikamentengruppe der Biologika blockiert Botenstoffe und lässt die Hauterkrankung rasch abheilen. Genau das erlebt Michael. Kaum zu glauben, wie schnell und gut die Behandlung bei ihm persönlich gewirkt habe, murmelt er und vergleicht seine Daumen mit den Bildern von früher. Hier weiße, rissige Kuppen und vergilbte, bröckelige Nägel. Dort nahezu erscheinungsfreie Haut. Michael blättert durch seine Kladde, überfliegt Laborwerte sowie Arztbriefe und bleibt bei einem Befund hängen. „Im Oktober und November 2020 habe ich die ersten beiden Injektionen mit dem Biologikum bekommen und Mitte Januar 2021 war die Schuppenflechte quasi weg. Das steht hier klipp und klar“, sagt er und lächelt Dr. Florian Schenck an, der den Befund geschrieben hat.
Der 47-jährige Dermatologe kennt diese Reaktion. Etwa ein Drittel seiner mittel bis schwer von Schuppenflechte betroffenen Patient*innen leiden erheblich im Alltag und müssen zudem unumkehrbare Folgekrankheiten fürchten – und reagieren trotzdem nicht. Auch weil Ärztinnen und Ärzte manchmal nicht umfassend aufklären würden. „Wir können in vielen Fällen in wenigen Wochen eine symptomfreie oder nahezu symptomfreie Haut erreichen und die künftige Belastung eindämmen“, berichtet Schenck und sagt: „Vielleicht hätten wir bei Michael mit einer frühen und optimierten Therapie sogar die Psoriasis-Arthritis verhindern können.“
Der Patient nickt und öffnet seine Hände fast entschuldigend. Mit einer Lupe checkt der Arzt seine Kopfhaut, prüft die Arme, Bauch sowie Rücken und tastet die Fingergelenke ab. Keine Plaques zu sehen, keine Schwellung zu spüren. Er könne wieder seine geliebten weißen Hemden tragen, sagt Michael. Denn er hat keine Angst mehr, dass sich Blut aus rissiger Haut wie Farbkleckse auf einer noch unbemalten Leinwand breitmacht. Und er muss keinem mehr im Job erklären, warum der dunkle Boden in seinem Büro aussieht, als ob der Putz von der Decke rieselt. Die Haut sehe jetzt super aus, meint Michael und schaut ein wenig verträumt aus dem Fenster. „Vor allem weiß ich, dass eine gute Behandlung dabei hilft, mich langfristig zu schützen. Denn ich will auch im Alter gesund sein und eine Zukunft haben.“
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