Jetzt reicht‘s
Laura weiß nicht weiter. Sie hat schwere Schuppenflechte. Wird gemobbt und ist unglücklich verliebt. Dabei steckt sie voller Träume und Power – will segeln lernen, das Abi schaffen, studieren, Romane schreiben. Doch tiefe Zweifel nagen an ihr. Kann sie überhaupt normal leben?
Frostig bläst der Wind über das Wasser und schlägt lose Taue an die Bootsmasten. Fix zieht Laura Fritsch die Plane von ihrem Schiff. Auch im Winter fährt die 25-Jährige oft zu der kleinen Segeljolle raus und checkt, ob alles vertäut ist. Am liebsten würde sie jetzt mit vollem Speed über den Cospudener See im Süden von Leipzig heizen. „Aber leider ist es bis März oft viel zu kalt auf dem Wasser“, sagt Laura lachend. Früher konnte sie noch nicht einmal ein paar Wasserflaschen tragen, weil die Schuppenflechte sie so schlapp machte! Heute ist Laura erscheinungsfrei und kann alles tun, was sie will.
Hautklinik statt abhängen
Mit einem roten Fleckchen unter dem Arm fängt es an. Laura ist in der Grundschule und versteht nicht, was Psoriasis bedeutet. Erst in einem Sommerurlaub in Dänemark wird aber klar, wie schwer die Pso wirklich ist. Am Meer sprießen die Pusteln wie Blätter nach dem letzten Frost. „80 bis 90 Prozent meiner Haut waren entzündet. Meine Brustwarzen waren nicht mehr zu sehen. Und wenn mich jemand an den Beinen berührte, habe ich vor Schmerz geschrien“, erinnert sich Laura, die immer alles genau wissen will, in Pferde vernarrt ist und Geschichten von starken Mädchen ins Tagebuch schreibt. Sie soll nach den Ferien in die 6. Klasse des Gymnasiums in Heusenstamm bei Frankfurt kommen. Doch statt Mathe zu pauken und an lauen Tagen mit der Clique abzuhängen, muss sie in die Hautklinik nach Darmstadt.
Laura ist erst 12 Jahre alt: Sie wird mit Licht, Bädern, Cremes behandelt. Doch die Pso-Schübe kommen regelmäßig und heftig. Lange Klinikbesuche werden Routine, meistens tagsüber, damit sie zu Hause schlafen, ab und zu reiten oder Freundinnen treffen kann. Scheibchenweise Normalität gepresst zwischen Therapien, die nur kurz wirken, einsamen Stunden in kahlen Behandlungsräumen und Untersuchungen, die Laura hasst. „Blut abnehmen konnte ich nicht leiden. Und nackt Hautfotos machen ist für ein junges Mädchen sehr, sehr unangenehm“, erzählt Laura und schüttelt sich, als ob sie die Erinnerung abwehren kann wie lästige Fliegen.
Hilflos am Abgrund
Immer stärker beherrscht die Pso Lauras Leben. Sie ist jetzt 16! Oft schmerzt der komplette Körper, sie kratzt die Haut bis sie blutet und ist tief frustriert vom Cremen, das überall fiese Fettflecken in die Klamotten macht; sie ist enttäuscht von Leuten in der Schule, die sie wegen der Schuppen mobben. Sie ist unglücklich verliebt in einen Jungen, der sie wegen ihrer entzündeten Haut ignoriert, und verzweifelt, weil sie nicht weiß, wie sie die Oberstufe mit all den Fehlstunden schaffen soll.
Gerade ist Laura wieder drei Monate zur Reha-Kur in der Tagesklinik. Und fühlt sich hilflos nah an einem Abgrund. So geht es nicht weiter! Jetzt muss sich was ändern. Das weiß sie, das meinen ihre Eltern und das sagen auch die Ärzte, die zu einer innerlichen Therapie mit Biologika raten. Vom Dermatologen erfährt sie auch, dass eine frühe moderne Therapie ihr Leben dauerhaft verbessern kann und dass Psoriasis nicht nur ihre Haut betrifft. Die innovativen Medikamente hemmen die Entzündung im Körper und es gibt Hinweise darauf, dass durch die Behandlung mit diesen Medikamenten das Risiko schwerer Folgekrankheiten wie Schlaganfall, Diabetes oder Krebs reduziert werden kann.
Alles ist plötzlich möglich
Erst will sie die Pso einfach akzeptieren. Doch sie sehnt sich nach einem ganz normalen Leben mit Spaß in der Schule und netten Typen. Sie will nicht mehr fürchten, was andere denken, und sich auf Abi und Studium freuen. „Was möglich ist, wenn ich erscheinungsfrei bin, davon habe ich geträumt. Und ich wollte definitiv keine sogenannten assoziierten Erkrankungen entwickeln, also keine neuen Krankheitsbilder“, berichtet Laura und jagt die Schatten der Vergangenheit mit einem Handschlag weg.
Heute sei sie so dankbar dafür, früh die richtige Therapie gefunden zu haben. „Jetzt statt später auf moderne Therapien zu setzen, kann ich nur jedem mit Pso empfehlen“, erzählt Laura, streicht sich über die Oberschenkel und schiebt nach: Die Haut an den Beinen sei von dem vielen Kortison in den Cremes schon durchsichtig wie Papier gewesen und habe lange Risse wie Schwangerschaftsstreifen bekommen.
Zur Kontrolle geht Laura noch immer regelmäßig in die Klinik. Aber sie ist erscheinungsfrei! Lebt und fühlt sich jetzt wie eine Frau ohne chronische Krankheit. „Regelmäßig Unterricht. einfach so mit Leuten treffen, mit Jungs knutschen, das alles ging vorher ohne eine moderne Biologika-Behandlung nicht“, sagt Laura, die nun locker die Schule meistert und das Segeln entdeckt. Sie mag den Sport, den Kampf mit Wind und Wellen und das beruhigende Plätschern des Wassers.