PSOUL: Herr Grosser, was genau macht der Deutsche Psoriasis Bund?
MARIUS GROSSER: Unsere Kernaufgabe ist die Organisation von Selbsthilfe und das Zusammenbringen von Betroffenen zum Informationsaustausch, unter anderem in unseren Regionalgruppen und bei unseren Veranstaltungen. Wir unterstützen aber auch individuell bei Fragen rund um die Erkrankung. Für unsere Mitglieder bieten wir zudem eine kostenfreie Medizin- und Sozialrechtsberatung an. Außerdem betreiben wir die politische Interessenvertretung in ganz Deutschland für Psoriasis-Patienten, zum Beispiel im Gemeinsamen Bundesausschuss, dem „kleinen Gesetzgeber“ im Gesundheitswesen.
PSOUL: Schuppenflechte betrifft Jung und Alt gleichermaßen. Gibt es zwischen
den Altersgruppen Unterschiede im Umgang mit der Krankheit?
MARIUS GROSSER: Nein, das kann man so nicht sagen. Früher wurde die Erkrankung sogar innerhalb der Familie meist totgeschwiegen – das ist zum Glück nicht mehr so. Ein Umdenken hat also inzwischen stattgefunden. Trotzdem sind Stigmatisierung und Ausgrenzung noch immer ein Thema. Wir bieten daher auch speziell für Kinder und Jugendliche entsprechende Veranstaltungen an.
PSOUL: Stichwort „Umgang mit Schuppenflechte“: Sind Selbsthilfegruppen mehr als Stuhlkreis und Kuchen?
MARIUS GROSSER: Zugegeben: Es ist schwierig, von diesem angestaubten Bild loszukommen. Aber persönliche Gespräche sind ungemein wichtig. Selbst die verständnisvollsten Familienmitglieder oder Freunde können den Austausch mit Betroffenen nicht ersetzen. Oft ist es befreiend, mit jemandem zu sprechen, der dasselbe durchlebt. Auch in der Selbsthilfe findet eine Verlagerung ins Netz statt. Trotzdem bin ich überzeugt: Selbsthilfe im traditionellen Sinne wird es immer geben, und jeder kann davon profitieren.
PSOUL: Etwa 2,5 Millionen Deutsche leiden an Schuppenflechte. Im Vergleich zu anderen Volkskrankheiten wie Krebs oder Adipositas hat Psoriasis aber keine Lobby: Woran liegt das?
MARIUS GROSSER: Ich lehne die Sichtweise, dass Erkrankungen miteinander um Aufmerksamkeit konkurrieren, ab. Psoriasis ist eine hoch stigmatisierte Erkrankung, mit der sich nur die wenigsten Menschen auseinandersetzen wollen. Schuppenflechte ist – wenn man so will – nicht „sexy“ genug und das Unwissen der Leute immer noch zu groß. Viele glauben, dass Schuppenflechte ansteckend sei. Das ist eine programmierte Angst, die nur schwer überwindbar ist. Dass Schuppenflechte nicht nur ein kosmetisches Problem, sondern eine sehr schwere Systemerkrankung mit vielen möglichen Begleiterkrankungen ist, wissen die wenigsten.
PSOUL: Welche Agenda verfolgt der Deutsche Psoriasis Bund, um den Stimmen der Betroffenen Gehör zu verschaffen?
MARIUS GROSSER: Schuppenflechte ist weniger medienwirksam als andere Erkrankungen. Wir wollen die Aufklärung und Entstigmatisierung rund um die Psoriasis weiter politisch vorantreiben und die Versorgung verbessern. Es herrscht leider nach wie vor eine massive Unter- und Fehlversorgung. Arzneimittel wie Biologika, die vielen Betroffenen Linderung verschaffen könnten, werden nicht immer verordnet, weil Ärzte verunsichert sind. Obendrein werden Cremes und Salben zur täglichen Basispflege in der Regel nicht von den gesetzlichen Krankenkassen erstattet. Das muss der Patient dann teuer selbst bezahlen. All das wollen wir ändern.
Marius Grosser wurde nach langjährigem Engagement im Deutschen Psoriasis Bund e.V. (DPB) zum 1. November 2018 als Geschäftsführer eingestellt und folgte damit Hans-Detlev Kunz nach, der sich nach über dreißig Jahren in den Ruhestand verabschiedete.
Deutscher Psoriasis Bund
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