Ausgabe 9

Reden will gelernt sein

Wer gute Gespräche mit Dermatolog*innen über Probleme oder Therapien will, sollte Kommunikation verstehen und üben. Denn wann immer Menschen zusammenkommen, vermitteln sie Informationen. Selbst wenn sie gar nicht miteinander sprechen. „Tatsächlich können wir nicht nicht kommunizieren“, hat der berühmte Kommunikationswissenschaftler Paul Watzlawick formuliert. Schweigen ist genauso ein Statement wie Brüllen! Wer nach einem schweren Pso-Schub konsterniert in der Praxis sitzt und sich kaum äußert, schickt einen stillen Hilferuf los. Wir geben also Nachrichten durch Sprache, aber auch durch Mimik, Gestik und Verhalten weiter.

Kommunizieren ist kompliziert

Das Prinzip gilt: Wo einer sendet, empfängt ein anderer. Doch Menschen vernehmen Worte oder registrieren Gefühle nicht nur einfach so. Sie müssen sie auch verstehen und einordnen. „Um mir ein Bild machen zu können, lasse ich Patienten aussprechen und höre ihnen intensiv zu. Aber es dauert oft, bis klar ist, wie hoch der Leidensdruck wirklich ist“, erläutert der Dermatologe Dr. Jörg Fränken aus Schwelm. Kommunizieren ist also ein durchaus heikler Prozess, der auf verschiedenen Ebenen abläuft.

Der Psychologe Friedemann Schulz von Thun hat definiert, dass jede Äußerung vier Botschaften gleichzeitig enthält. Und zwar automatisch. Wir sprechen somit nicht nur mit einem, sondern mit vier Mündern. Und diese „Schnäbel“, wie Schulz von Thun es eher humorvoll formulierte, treffen wiederum auf vier Ohren, die das Gesagte aufnehmen. Doch wie funktioniert das in der Praxis? Stellen wir uns diese Situation vor: Eine Patientin ist bei einem Dermatologen und sagt: „Wenn ich mit meinem Freund abends gemütlich auf der Couch sitze, muss ich mich dauernd kratzen.“ Das murmelt sie, verkrampft dabei die Hände im Schoß und schaut auf den Boden.

Vier-Ohren-Modell

Info
Worüber man spricht

„Ich“ – Botschaft
Was man von sich selbst offenbart

Beziehung
Wie man zueinander steht

Appell
Was man vom anderen will

Was die Münder verraten

Zuerst einmal geht es um die Sache, also die reine Information, die der 1. MUND vermittelt: Juckreiz ist bei mir typisch. Doch der knappe Satz und wie er gesagt wird, bergen mächtig Zündstoff. Denn leise Worte und ein hängender Kopf deuten Furcht sowie Unsicherheit an. Wahrscheinlich stört das Kratzen die Beziehung, weil entspannt kuscheln schwierig ist. Die Patientin öffnet mit der Gestik ihre Seele und offenbart mit ihrem 2. MUND: Ich bin dann traurig und fühle mich nicht begehrenswert. In der Fachsprache heißt das „Selbstkundgabe“ oder Ich-Botschaft.

Auf der dritten Kommunikationsebene wird eine weitere Botschaft vermittelt, nämlich wie die
Gesprächspartner zueinander stehen. In unserem Fall lautet sie: Die Senderin vertraut dem Arzt als Empfänger nicht vollständig, da sie das eigentliche Problem (kratzen stört beim Schmusen!) mit ihrem 3. MUND nur andeutet.

Damit abfinden will sich die Patientin jedoch keineswegs. Sie wünscht sich, der Juckreiz soll
schnell und erfolgreich behandelt werden. Das ist der Appell des 4. MUNDES. Sonst hätte sie das Thema gar nicht erst angeschnitten. Kurzum, wer sich austauscht, sagt und hört immer vier Info-Dimensionen: die Sachebene, die Selbstoffenbarung, die Beziehungssicht und den Appell.

„Früher haben mich meine Dermatologen nicht richtig verstanden. Heute tauschen wir uns intensiv auf Augenhöhe aus.“
Bei Sören Gabler aus Gera bricht die Psoriasis am Anfang seines Studiums aus.

Betroffene flunkern oft

Wer schweigt oder sich unverständlich ausdrückt, macht es den Ärztinnen und Ärzten schwer, Diagnosen zu treffen und die optimale Therapie zu finden. Wenn Patienten offen reden und sagen, was sie bedrückt, dann hilft mir das bei der Behandlung“, bestätigt Dr. Jörg Fränken. Als Empfänger müssen Ärztinnen und Ärzte natürlich abschätzen können, ob die Infos von Patient*innen wahr sind, wie wichtig sie in der Situation sind und ob sie für die Therapiewahl ausreichen. Das kann nur gelingen, wenn sie gut zuhören, nachfragen und Untersuchungen sowie Entscheidungen erläutern. Klar ist: Nicht immer sind Ärztinnen und Ärzte Dialog-Genies. Schlecht finden Patient*innen vor allem Gespräche unter Zeitdruck, unverständliche Fachsprache oder fehlendes Mitgefühl. Doch häufig halten sich auch Betroffene zurück oder verheimlichen Ängste, weil es ihnen etwa peinlich ist oder sie denken, das sei Privatsache.

Ach so Grafik

Ohren richtig füttern

Nichts mehr auf der Haut, das lässt sich mit ausgewählten Therapien sehr wohl erreichen. Aber dafür müssen die Ärztinnen, Ärzte und Patient*innen besser zusammenarbeiten. Beide müssen verstehen, wie Menschen Gespräche führen, und daraus die richtigen Schlüsse ziehen. Sie müssen also wissen, wie etwas gesagt wird und auf welchem Ohr es gehört wird. Wer zum Beispiel unsicher bei der Behandlung ist, muss das ansprechen. Dem Beziehungs-Ohr des Arztes wiederum helfen Signale. Mit einem Lächeln, Nicken und geöffneten Händen stimmt man zu und zeigt Vertrauen. Wer Augen rollt, zeigt sich hingegen noch nicht überzeugt. Dem Appell-Ohr müssen Nachrichten einfach und deutlich präsentiert werden. Zuckt der Patient am Ende des Gesprächs die Achseln, macht das weniger Sinn als der Satz: „Ich fasse mit meinen Worten mal zusammen, was ich jetzt als Nächstes machen soll.“ Vergessen Sie als Patient*in jetzt noch etwas, kann das vom Arzt oder der Ärztin noch ergänzt werden.

Der Dermatologe Dr. Jörg Fränken bestätigt: „Ein gutes Gespräch ist entscheidend für den Erfolg der Behandlung.“ Das Problem ist jedoch: In der Regel lernen Menschen nicht, effektiv zu kommunizieren. Wir machen es instinktiv, so wie essen oder gehen. Das führt zu vielen Missverständnissen. Wer Ärztinnen und Ärzten von seinen Problemen jedoch offen berichtet und Gespräche aktiv führt, wird eher gehört und kommt daher schneller ans Ziel: zur optimalen Therapie.

Wertvolle Kniffe

Wer im Übrigen sichergehen will, alle wichtigen Infos beim Arzt verstanden zu haben, kann die „Teach-Back-Methode“ nutzen. Die Technik ist simpel. Am Ende eines Gesprächs werden die zentralen Punkte, die man glaubt, verstanden zu haben, mit Fragen kurz zusammengefasst. Das räumt Unklares auf und Irrtümer können aufgeklärt werden. Zudem merken wir uns Dinge besser, wenn sie wiederholt werden. Drei Fragen reichen schon, um das Gehirn auf Erinnern zu programmieren:

Verstehe ich Sie richtig, dass …? Das bedeutet für mich …? Sie meinen also, dass …! Einfach mal testen, die Technik macht fit für erfolgreiche Kommunikation.

Teach-Back-Methode

Vorbereiten ist wichtig

Wer gut informiert zum Praxisbesuch geht, findet mit dem Hautarzt eher die optimale Therapie. Mehr zum Thema Schuppenflechte gibt es auf der Webseite

abbvie-care.de/schuppenflechte

„Meine Dermatologin beschäftigt sich intensiv mit mir, vielleicht auch, weil ich ihr schonungslos mein Leid geklagt habe.“
Sabine Kreuzer aus Barsinghausen hat fast 35 Jahre gewartet, bis sie die richtige Therapie bekam.

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