Heiraten, neue Wohnung, neuer Job – soll ich, soll ich nicht, soll ich? Immer wieder fordert das Leben Entscheidungen. Dann läuft das Hirn heiß und der Bauch zieht. Was ist richtig, was falsch? Rund 20.000 Entscheidungen fällen wir jeden Tag. Meistens läuft allerdings unser Autopilot. Was essen, welche Serie, wann ins Bett? Es sind Intuition und Routinen, die bei alltäglichen Dingen vorgeben, was wir tun müssen. Die Natur hat es so eingerichtet. Statt zu grübeln und dabei wertvolle Zeit zu verschwenden, zapfen wir den Arbeitsspeicher des Unbewussten an.
Autopilot steuert
Tatsächlich spielt sich der größte Teil unserer Denkprozesse unbewusst ab. Bei Gefahr oder Lust rufen Menschen blitzschnell Wissen und Erfahrungen aus ihrem Langzeitgedächtnis ab. Das sichert Überleben. So warnen die Augen bei Stau – gebremst wird instinktiv. Vor dem Griff zur Orange läuft Wasser im Mund zusammen. Die Reiz-Reaktion funktioniert automatisch. Forscher wie der Psychologe Tilman Betsch von der Uni Erfurt sind sich daher sicher: „Intuition verleiht uns die Fähigkeit, schnell und mühelos viele Informationen einzuordnen und Entscheidungen zu treffen.“ So lösen wir etliche alltägliche Probleme, ohne es zu merken.
Bauch vertrauen
Nur der Intuition vertrauen ist allerdings keine optimale Lösung. Turbo-Entscheider, die oft ungeduldig und spontan handeln, sollten das bedenken. Denn das Bauchgefühl ist nur verlässlich, wenn wir uns exzellent auskennen. Wer noch nie im Hochgebirge war, sollte nicht einfach loskraxeln. Sondern Routen abwägen und um Rat fragen, damit die Tour nicht im Drama endet. Gefühle lassen sich zudem leicht manipulieren. Furcht, Vorurteile oder vertraute Alternativen verlocken zur falschen Wahl. Heimliche Küsse unter dem Eiffelturm. Sommerurlaube in Rimini an der italienischen Adria: Wo es früher schön war, kann heute der Massentourismus nerven.
Kopf gebrauchen
Wann muss die Logik ran? Welche Bergtour empfiehlt der Guide? Welche Reise passt zu mir? Wie verhalte ich mich in Gesundheitsfragen? Welche Pso-Therapie bringt mich wirklich weiter? Bei wichtigen Entscheidungen sollten Bauch und Kopf gemeinsam arbeiten. Was sagt die innere Stimme? Was Fakten und Argumente? Gefühl und Verstand mitreden lassen, das ist das Geheimnis guter Entscheidungen.
Oft fühlt man sich auch zerrissen zwischen Ratio und Emotion. Man vertraut den eigenen Gefühlen nicht und erstickt damit gute Ideen schon im Ansatz. Irgendetwas spricht zwar immer dagegen. Doch nur immer in denselben Bahnen denken, verändert schließlich auch nichts. Eine andere Sichtweise einnehmen, kritisch hinterfragen, ob eingefahrene Entscheidungswege nicht verlassen werden sollten, erst das zeigt oft wichtige Alternativen auf. Wer andere Ansichten kritisch prüft und abwägt, nimmt seine geistigen Scheuklappen ab – und trifft mitunter die bessere Wahl.
100-prozentig oder gar nicht
Die 100-Prozentigen unter uns müssen über eine andere Hürde springen: Sie verlieren sich gerne im Meer der Argumente, im Dickicht der Details. Perfektionisten neigen dazu, jede Entscheidung so gründlich zu prüfen, bis sie „tot-analysiert“ ist. Dabei vergeuden sie Zeit und machen aus Angst vor Fehlern manches verkehrt. „Wer sich nicht den Kopf zerbricht, ob es noch eine bessere Lösung gibt, ist oft glücklicher“, bestätigt Joachim Funke von der Uni Heidelberg. Glücklich und zufrieden ist man meist schon mit 80 statt mit 100 Prozent – ein cooles Lebensgefühl mit weniger Druck.
Genau andersherum ist die Problemlage bei Zauderern: Ihnen fehlen scheinbar immer noch ein paar Fakten. Wer zögert, vermeidet zwar anfänglich Fehler – spontan im Büro ein Projekt zusagen könnte auch ein Karrierekiller sein. Doch es würde ewig dauern, bis alle, wirklich alle Informationen für eine Entscheidung auf dem Tisch liegen. Setzen Sie sich ein Zeitlimit oder, noch besser, fragen Sie Freunde, ob jetzt eine Entscheidung gefällt werden sollte – und dann tun Sie es. Probieren Sie es aus und verabschieden Sie sich vom Hadern und Aufschieben. Mit jeder gefällten Entscheidung wird der Berg vor Ihnen kleiner werden.
Entscheiden lernen
Ob wir eher schnell oder langsam, lieber logisch-rational oder emotional entscheiden: Die Qual der Wahl lässt sich mildern, besseres Entscheiden kann man lernen. Schritt eins ist die Einsicht, dass es perfekte Lösungen nicht gibt. Es weiß keiner, was morgen passiert.
Vereinfachen ist der zweite Schritt. Erst wenn aus der Vielzahl der Argumente die wichtigsten herausgefiltert und Informationen damit verständlich werden, sind komplexe Entscheidungen überhaupt möglich. Was sind die drei Hauptargumente? Auf deren Grundlage sollte entschieden werden. Mit dieser Übung priorisieren Sie auch Ihre Ziele.
Goldene Regel: In Krisen sollten Entscheidungen vermieden werden. Angst oder Ärger sind schlechte Ratgeber. Nach dem ersten Streit gleich die Beziehung zu beenden, könnte ein Fehler sein.
Entspannen hilft. Eine Nacht darüber schlafen – der uralte Tipp macht Sinn. Arbeitet unser Intellekt im Leerlauf, verknüpfen wir Gelerntes und Erlebtes besonders effektiv. Unter der Dusche oder beim ersten Kaffee steht sie dann fest: die Entscheidung – manchmal auch für einen neuen Anlauf bei der Psoriasis-Therapie. Davon erzählen Inken, Valentina, Florian und Germaine – unsere Patientengeschichten aus den letzten vier PSOUL.
Auf sich selbst hören. Inken.
„Als Jugendliche war ich schon schwierig. Ziemlich dickköpfig, immer kämpferisch. Schwäche fand ich blöd. Ich war oft zornig und hart gegen mich und andere. Hilfe habe ich ungern angenommen. Und über Gefühle reden konnte ich eigentlich nur mit meiner Schwester. Eiskalte Außenseiterin würde man so eine wohl nennen. Hinzu kam meine schwere Psoriasis, die mich weiter isoliert hat. Mit 18 Jahren habe ich dann entschieden: Hey, mein Leben nehme ich in die eigene Hand. Es konnte mich auch keiner davon abbringen. Einzig mein Wille zählte. Klar, wer durch die Wand geht, holt sich Beulen. Es war ein harter, aber richtiger Weg. Ich habe mir selbst einen Job gesucht. Ich habe selbst einen auf Pso spezialisierten Dermatologen gefunden. Ich habe selbst eine neue Biologika-Therapie gewählt. Ich habe mich selbst entschieden, gesund zu leben und viel Sport zu machen. Ich bin zwar noch immer ziemlich ehrgeizig, aber ich muss längst nicht mehr alles alleine schaffen. Ich gehe auf Leute zu, lerne gerne von anderen, bin für die Familie und Freunde da. Früher war ich zornig, heute bin ich gelassen.“
Hilfe Annehmen. Valentina.
„Es war die Hölle. Die Pso hat mich im Sommerurlaub in Italien fertiggemacht. Ich war extrem schlapp, die Knochen haben geschmerzt und am ganzen Körper blühten Schuppen. Meine Eltern kommen aus Süditalien, sind aber schon vor langer Zeit ausgewandert. Ich liebe das Land und die Leute. Ich liebe es im Meer zu schwimmen, in der Sonne zu sitzen, Verwandte dort zu treffen. Das ging in dem Jahr gar nicht. Augen, Oberlippe, Stirn, Ohren – mein Gesicht sah aus wie ein schuppiger, blutiger Ball. Die Schübe waren so heftig, dass ich nur im dunklen Zimmer gesessen und geweint habe. Mein Arzt hat mir dann sehr geholfen: Noch ein Versuch und es funktionierte endlich. Mit dem neuen Biologikum bin ich fast erscheinungsfrei. Erst jetzt kann ich wieder an Sommerurlaub denken. Und mein Entschluss steht fest. Ich will wieder unbedingt dorthin, wo meine Familie herkommt. Ich will meine Angst vor Schmerzen, vor komischen Blicken, vor Einsamkeit besiegen. Das ist nicht einfach, aber ich schaffe es.“
Reden, Reden, Reden. Florian.
„Aussätziger. Versager. Langeweiler. So habe ich von mir gedacht. Weil ich starke Pso hatte, weil ich irgendwie anders war, weil ich mich zu Hause und hinter Klamotten versteckt habe. Selbstwert kannte ich nicht. Selbstbewusstsein gab es nicht. Die Krankheit hat mich beherrscht. Meine Familie ist superlieb, aber helfen konnte sie nicht wirklich. Ich war ganz unten, kurz davor aufzugeben. Die Reißleine zu ziehen, ist mir allerdings schwer gefallen. Vielleicht war das Selbstmitleid zu tief eingegraben. Das musste ich erst ausschalten. Ich bin zu einem anderen Arzt, habe eine neue Biologika-Therapie gestartet, angefangen mit anderen Psoriatikern zu sprechen und eine Ausbildung gemacht. Dabei ist mir erst klar geworden, dass ich eigentlich ein charmanter, positiver, neugieriger Mensch bin. Ich habe mich schätzen gelernt. Das hat zwar Jahre gedauert, doch heute bin ich glücklich genau so, wie ich bin.“
Sieger des Herzens. Germaine.
„Kinder kriegen oder nicht? Die Frage hat mich echt gequält. Pso ist erblich. Ist ein Elternteil betroffen, liegt das Risiko der Kinder, auch zu erkranken, bei etwa 30 Prozent. Und trotzdem wollten mein Partner Ben und ich unbedingt Nachwuchs. Druck von außen war schon da. Willst du das wirklich?, haben Freundinnen gefragt. Sind uns die Konsequenzen richtig klar, haben wir uns selbst gefragt. Aber wir haben uns wirklich ein Kind gewünscht. Einfach war der Weg dahin aber nicht. Wir haben lange abgewogen, mit Freunden und der Familie diskutiert, mit Ärzten gesprochen. Letztlich sind wir unseren Herzen gefolgt und haben auf niemanden als uns selbst gehört. Heute weiß ich, unser Sohn Maverick ist einfach die beste Entscheidung meines Lebens. Er ist ein wunderbares Geschenk. Und als Familie sind wir ein unschlagbares Team.“